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Geschäftsordnung für die Clearingstelle nach § 10a SächsAGSGB

I. Gesetzliche Grundlage

Beim Beauftragten der Staatsregierung für die Belange der Menschen mit Behinderungen wird eine Clearingstelle eingerichtet. Diese hat die Aufgabe, zwischen dem Leistungsberechtigten nach § 99 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und dem zuständigen Träger der Eingliederungshilfe bei Streitigkeiten im Einzelfall zu vermitteln und auf eine gütliche Einigung über Art und Umfang der Leistung sowie Verfahrensfragen hinzuwirken. Der Leistungserbringer kann bei Bedarf hinzugezogen werden. Der Clearingstelle gehören ein Vertreter des Kommunalen Sozialverbands Sachsen, ein Vertreter der übrigen Träger der Eingliederungshilfe, zwei Vertreter der maßgeblichen Interessenvertretungen der Menschen mit Behinderungen nach § 131 Absatz 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und jeweils ein Vertreter der Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Sachsen sowie der Verbände privater Anbieter sozialer Dienste in Sachsen an. Das Votum der Clearingstelle ist schriftlich zu dokumentieren. Das Recht, einen förmlichen Rechtsbehelf zu erheben, bleibt unberührt.
(§10a Abs. 1 SächsAGSGB – Qualitätssicherung)

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit und ohne jede Diskriminierungsabsicht wird in dieser Geschäftsordnung auf die gleichzeitige Verwendung geschlechtsspezifischer Sprachformen verzichtet und das generische Maskulinum verwendet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten für alle Geschlechter gleichermaßen.

II. Ziele, Grundsätze des Verfahrens und Aufgaben

Ziel der Arbeit der Clearingstelle ist es, zur Qualitätssicherung beim Vollzug des Eingliederungshilferechts nach dem 2. Teil des Neunten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IX) beizutragen.

Als Clearingbegehren kommen alle einzelfallbezogenen Streitigkeiten in Betracht, welche im Zusammenhang mit Leistungen und Verfahrensfragen beim Vollzug des Eingliederungshilferechts nach dem 2. Teil des SGB IX stehen.

Die Clearingstelle hat die Aufgabe, zwischen dem Leistungsberechtigten nach § 99 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und dem zuständigen Träger der Eingliederungshilfe bei Streitigkeiten im Einzelfall zu vermitteln und auf eine gütliche Einigung über Art und Umfang der Leistung sowie Verfahrensfragen hinzuwirken.

Die Clearingstelle informiert die Öffentlichkeit regelmäßig in geeigneter Weise über ihre Aufgaben und das Verfahren. Unter anderem unterhält Sie hierzu im Rahmen des Internetauftritts des Landesbeauftragten für Inklusion der Menschen mit Behinderungen eine eigene Website. Auf dieser stellt Sie eine niedrigschwellige und barrierefreie Zugangsmöglichkeit für das Einreichen von Clearingbegehren zur Verfügung.

Im Rahmen der Unterrichtung nach § 12 Abs. 6 des Gesetzes zur Stärkung der Inklusion von Menschen mit Behinderungen im Freistaat Sachsen (Sächsisches Inklusionsgesetz – SächsInklusG) ist durch den Landesbeauftragten für Inklusion der Menschen mit Behinderungen ein Tätigkeitsbericht der Clearingstelle abzugeben.

Darüber hinaus erfolgt eine Unterrichtung der Arbeitsgemeinschaft nach § 94 Abs. 4 SGB IX in Form von Zwischenberichten, insbesondere zu inhaltlichen Schwerpunkten der Tätigkeit der Clearingstelle.

III. Mitglieder

Der Clearingstelle gehören die in § 10a Abs. 1 SächsAGSGB genannten Mitglieder an.

Zu jedem Mitglied sind für den Vertretungsfall zwei Ersatzmitglieder zu benennen.

Die Benennung der Mitglieder und Ersatzmitglieder erfolgt:

  • für den Vertreter des Kommunalen Sozialverbandes Sachsen durch diesen,
  • für den Vertreter der übrigen Träger der Eingliederungshilfe durch eine abgestimmte Mitteilung des Sächsischen Landkreistages und des Sächsischen Städte- und Gemeindetages,
  • für die Vertreter der maßgeblichen Interessenvertretungen der Menschen mit Behinderungen durch Beschluss des Landesbeirats für Inklusion der Menschen mit Behinderungen,
  • für den Vertreter der Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Sachsen durch diese sowie
  • für den Vertreter der privaten Leistungserbringerverbände durch diese.

IV. Geschäftsführung

Die Geschäfte der Clearingstelle führt die beim Landesbeauftragten für Inklusion der Menschen mit Behinderungen eingerichtete Geschäftsstelle der Clearingstelle.

Ihr obliegen insbesondere die Behandlung eingehender Clearingbegehren einschließlich der Sachverhaltsermittlung, die Vor- und Nachbereitung der Sitzungen (Einladung und Hinzuziehung, Erstellung der Sitzungsvorlagen, Ausfertigung und Versenden der Voten und Protokolle, Niederschrift von Vereinbarungen zu gütlichen Einigungen), die Öffentlichkeitsarbeit und Berichtspflichten.

Die Clearingstelle verwendet einen eigenen Briefkopf mit dem Zusatz „Clearingstelle nach § 10a Abs. 1 SächsAGSGB beim Landesbeauftragten für Inklusion der Menschen mit Behinderungen“.

Die notwendigen Ausgaben trägt die Sächsische Staatsregierung.

V. Verfahren bei der Geschäftsstelle

Clearingbegehren können schriftlich, zur Niederschrift bei der Geschäftsstelle oder über die barrierefreie Zugangsmöglichkeit auf der Website der Clearingstelle durch den Leistungsberechtigten eingereicht werden.

Der Eingang ist binnen zwei Wochen zu bestätigen. Mit der Eingangsbestätigung ist darauf hinzuweisen, dass das Verfahren bei der Clearingstelle Rechtsbehelfsfristen nicht hemmt. Ggf. fehlende Unterlagen und bei Bedarf eine Datenschutzerklärung bzw. Schweigepflichtsentbindung sind umgehend nachzufordern.

Der zuständige Träger der Eingliederungshilfe kann bei Bedarf zur Abgabe einer Stellungnahme zum Clearingbegehren aufgefordert werden. Im Fall der Aufforderung soll die Stellungnahme schnellstmöglich, jedoch spätestens innerhalb eines Monats erfolgen. Das Clearingbegehren des Leistungsberechtigten ist der Aufforderung beizufügen.

Bei Bedarf ist eine weitere Sachverhaltsermittlung unter Einbeziehung des Leistungserbringers oder von mit der Durchführung der Leistung tangierter Dritter, beispielsweise einer Schule, vorzunehmen. Art und Umfang dieser Sachverhaltsermittlungen bestimmt die Geschäftsstelle. Die Beteiligten sind darüber zu informieren.

Eine Rechtsberatung findet nicht statt.

Nach Abschluss der Ermittlungen wird das Clearingbegehren in Form einer standardisierten Sitzungsvorlage in die Tagesordnung der nächsten Clearingstellensitzung aufgenommen. Die Geschäftsstelle entscheidet über die Hinzuziehung des Leistungserbringers.

 

VI. Sitzungen der Clearingstelle

Die Clearingstelle berät in einem jährlich im Voraus zu terminierenden regelmäßigen Sitzungsrhythmus. Sitzungen sollen dabei in der Regel einmal im Monatsrhythmus am Dienstsitz des Landesbeauftragten für Inklusion der Menschen mit Behinderungen stattfinden.
Die Sitzungen sind nicht öffentlich.

Der Landesbeauftragte für Inklusion der Menschen mit Behinderungen leitet und moderiert die Sitzungen, im Falle seiner Verhinderung der Leiter seiner Geschäftsstelle. Er ist selbst nicht Mitglied der Clearingstelle.

Das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt kann als Gast den Sitzungen der Clearingstelle beiwohnen.

Die Einladung zu den Sitzungen erfolgt gegenüber den Mitgliedern und Ersatzmitgliedern unter Angabe von Zeit und Ort per E-Mail. Sie muss zusammen mit der Tagesordnung und den Sitzungsvorlagen mindestens zwei Wochen vor der Sitzung zugehen. Sitzungsvorlagen können dabei mindestens zwei Wochen vor der Sitzung in einer mit den Datenschutzvorschriften entsprechenden internetbasierten barrierefreien Sharepoint-Lösung zur Verfügung gestellt werden. Die Geschäftsstelle ist über das Eintreten eines Ersatzmitgliedes zu benachrichtigen. Die Ersatzmitglieder können, sofern kein Vertretungsfall vorliegt, ohne Stimmrecht an den Sitzungen der Clearingstelle teilnehmen.

Der Leistungsberechtigte und der zuständige Träger der Eingliederungshilfe nehmen auf Freiwilligkeitsbasis für die Dauer der Behandlung des jeweiligen Clearingbegehrens an der Sitzung teil. Sie besitzen ein Rederecht hinsichtlich der Erläuterung ihrer Auffassung. Eine Behandlung des Clearingbegehrens findet auch bei deren Abwesenheit statt. Der jeweilige Leistungserbringer kann bei Bedarf hinzugezogen werden. Die Einladungsregeln für Mitglieder sind entsprechend anzuwenden.

Nach Eröffnung der Sitzung stellt der Sitzungsleiter die Anwesenheit, ordnungsgemäße Ladung und Votumsfähigkeit fest. Diese ist gegeben, wenn mindestens vier Clearingstellenmitglieder anwesend sind. Voten werden mit der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst. Über die Tagesordnung ist abzustimmen.

Die Clearingbegehren werden nach der in der Tagesordnung festgelegten Reihenfolge mit dem Ziel einer gütlichen Einigung behandelt. Eine gütliche Einigung ist schriftlich zu dokumentieren.

Ist keine gütliche Einigung zu erzielen, gibt die Clearingstelle ein schriftlich zu dokumentierendes und vom Sitzungsleiter zu unterzeichnendes Votum ab. Dabei ist sie nicht an das Vorbringen des Leistungsberechtigten gebunden. Das Votum ist zu begründen. Es ist rechtlich nicht bindend. Es ist dem Leistungsberechtigten und dem zuständigen Träger der Eingliederungshilfe schriftlich bekanntzugeben. Der Ablauf eines Clearingverfahrens während der Sitzung ist in einer Prozessbeschreibung abgebildet und verbindlich festgelegt.

In Ausnahmefällen darf die Sitzung der Clearingstelle virtuell im Onlineverfahren durchgeführt werden.

Soweit Mitglieder der Clearingstelle als Leistungsberechtigte in persönlichen Angelegenheiten Clearingbegehren verfolgen, nehmen diese bei der Abgabe des Votums nicht an der Abstimmung teil.

Die Sitzungen werden mit einem Ergebnisprotokoll dokumentiert, welches vom Sitzungsleiter zu unterzeichnen und den Mitgliedern und Ersatzmitgliedern innerhalb von zwei Wochen nach der Sitzung bekanntzugeben ist. Etwaige Einwendungen gegen das Protokoll sind innerhalb einer Woche nach Zugang der Geschäftsstelle anzuzeigen.

Die Mitglieder und Ersatzmitglieder haben über die Inhalte und den Verlauf der Sitzungen Stillschweigen zu bewahren. Schriftliche bzw. elektronisch zur Verfügung gestellte Unterlagen dürfen nicht an Dritte weitergegeben werden.

VII. Entschädigung

Die Mitglieder aus den Reihen der maßgeblichen Interessenvertretung der Menschen mit Behinderungen erhalten für die Teilnahme an den Sitzungen auf Antrag Reisekostenvergütung, Sitzungsentschädigung und Verdienstausfall nach der Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen über die Abfindung der Mitglieder von Beiräten, Ausschüssen und Kommissionen in der Landesverwaltung (VwV Beiratsentschädigung) vom 25. Januar 2010 (SächsABl. S. 252) in der jeweils geltenden Fassung.

Leistungsberechtigte erhalten entsprechend Reisekostenvergütung sowie Ersatz anfallender behinderungsbedingter Mehraufwendungen.

VIII. Inkrafttreten

Diese Geschäftsordnung wurde von der Clearingstelle zur Sitzung am 17. Dezember 2020 aktualisiert und im Anschluss am 27. April 2021 beschlossen und tritt damit am 27. April 2021 in Kraft. Die Geschäftsordnung vom 03. Februar 2020 wird damit gegenstandslos.

Dresden, den 27. April 2021

 

Beauftragter der Sächsischen Staatsregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen

Stephan Pöhler

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